Die medizinische Vorsorge und Rehabilitation spielen eine wichtige Rolle in der Gesundheitsversorgung der Menschen in NRW. Viele der stationären Vorsorge- und Rehaeinrichtungen in NRW liegen im ländlichen Raum. Sie sind wichtiger Arbeitgeber in der Region und haben für umliegende Betriebe als Kunde eine Bedeutung. Zusätzlich stärken die Rehabilitanden durch die Inanspruchnahme des örtlichen Einzelhandels und touristischer Angebote die Region.
(1) Statistisches Bundesamt: Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen 2019 nach Trägern und Bundesländern, unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Vorsorgeeinrichtungen-Rehabilitationseinrichtungen/Tabellen/gd-vorsorge-reha-bl.html;jsessionid=4F61A1C2B725F4A04FC697FDDB3E7D94.live731 (abgerufen am 25.01.22)
(2) Landesbetrieb und Technik NRW: Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Amtliche Statistiken zum Thema: Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, unter: https://www.it.nrw/node/1331/pdf (abgerufen am 04.04.22)
(3) Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Gesundheitswirtschaft Fakten und Zahlen Ausgabe 2019, Ergebnisse der Gesundheitswirtschaftlichen Gesamtrechnung unter:
https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Wirtschaft/gesundheitswirtschaft-fakten-und-zahlen-2019.pdf?__blob=publicationFile&v=14 S. 27 (abgerufen am 25.01.22) (errechnet anhand der Gesamtbruttowertschöpfung für Vorsorge und Reha im Verhältnis zur Gesamtbettenzahl Vorsorge- und Reha in Deutschland und NRW)
Aktuell wird die medizinische Rehabilitation im Organigramm des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) nicht erkennbar abgebildet.(1) Sie verbirgt sich als Sachgebiet im Referat Prävention, Sucht, HIV/Aids(2). Schon die Bezeichnung des Referats lässt dessen inhaltliche Arbeitsschwerpunkte erkennen. Eine Strategie für die Weiterentwicklung der medizinischen Rehabilitation ist für die Leistungserbringer und deren maßgeblichen Verbänden auf Landesebene nicht erkennbar. Insbesondere die Herausforderungen der Corona-Pandemie haben gezeigt, dass eine enge Zusammenarbeit und regelhafter Austausch mit Reha-Fachexpertinnen und –experten aus dem Ministerium notwendig ist. Die medizinische Rehabilitation darf nicht weiter innerhalb des Referats für Prävention, Sucht und HIV/ Aids untergehen. Sie ist ein bedeutender Teil der Gesundheitsversorgung in NRW. Der ganzheitliche Ansatz der medizinischen Rehabilitation und die Bedeutung in der Weiter- Versorgung von 235.441(3) (2019) Akut-Kranker und Chroniker rechtfertigt ein eigenes Reha-Referat. Dieses ist personell so auszustatten, dass die Entwicklung der medizinischen Rehabilitation in NRW aktiv durch das MAGS mitgestaltet wird.
Die Gesamtausgaben für Vorsorge und medizinische Rehabilitation für den Kostenträger GKV lagen in 2019 bei 3.68 Mrd. Euro.(4) Nutzen wir den Königsteiner Verteilungsschlüssel(5) für NRW(6), um diese Gesamtausgaben auf NRW zu verteilen, liegen wir bei Ausgaben von 775.593.856 Euro. Die DRV Westfalen hatte im Jahr 2019 für die medizinische Rehabilitation 419,1 Mio. Euro(7) und die DRV Rheinland 437,6 Mio. Euro(8) eingeplant. Diese Ausgaben-Summen verdeutlichen aus Kostensicht die Relevanz der medizinischen Rehabilitation für NRW und die Notwendigkeit ein eigenes Reha-Referat im MAGS einzurichten.
Insgesamt werden in NRW für medizinische Vorsorge und Rehabilitation in Kostenträgerschaft GKV, DRV Westfalen und DRV Rheinland 1.6 Mrd. Euro ausgegeben.
Forderung
Im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales muss durch die Schaffung eines eigenen Reha-Referats in der Abteilung V B Gesundheitsversorgung ein klares Zeichen für die Relevanz der medizinischen Rehabilitation in der NRW-Gesundheitsversorgung gesetzt werden. Zusätzlich ist es notwendig, einen regelhaften Austausch mit den relevanten Verbänden und Leistungserbringern zu implementieren.
(1) Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW: Organisationsplan: unter:
https://www.mags.nrw/sites/default/files/asset/document/ministerium_orga-plan.pdf (abgerufen am 20.12.21)
(2) Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW: Geschäftsverteilungsplan. Stand 01.07.2021 S. 134, unter: https://www.mags.nrw/sites/default/files/asset/document/gvp_mags.pdf (abgerufen am 11.02.22)
(3) Statistisches Bundesamt: Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen 2019 nach Trägern und Bundesländern, unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Vorsorgeeinrichtungen-Rehabilitationseinrichtungen/Tabellen/gd-vorsorge-reha-bl.html;jsessionid=4F61A1C2B725F4A04FC697FDDB3E7D94.live731 (abgerufen am 25.01.22)
(4) GKV Spitzenverband: GKV-Kennzahlen Leistungsausgaben Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen, unter: https://www.gkv-spitzenverband.de/service/zahlen_und_grafiken/gkv_kennzahlen/gkv_kennzahlen.jsp (abgerufen am 11.02.22)
(5) Gemeinsame Wissenschaftskonferenz Bonn:: Königsteiner Schlüssel, unter: https://www.gwk-bonn.de/themen/finanzierung-von-wissenschaft-und-forschung/koenigsteiner-schluessel/ (abgerufen am 14.02.22)
(6) Gemeinsame Wissenschaftskonferenz Bonn: Königsteiner Schlüssel NRW, unter: https://www.gwk-bonn.de/fileadmin/Redaktion/Dokumente/Papers/Koenigsteiner_Schluessel_fuer_2010_-_2019.pdf (abgerufen am 14.02.22)
(7) DRV Westfalen: DRV Westfalen auch in 2019 mit Rekordhaushalt, unter: https://www.deutsche-rentenversicherung.de/Westfalen/DE/Presse/Pressemitteilungen_neu/VV_13_12_2018_Neue_Pressemitteilung_Haushalt.html (abgerufen am 15.02.22)
(8) DRV Rheinland: Vertreterversammlung, Bericht der Geschäftsführung, Reha-Ausgaben, unter:
https://www.deutsche-rentenversicherung.de/Rheinland/DE/Presse/Reden-und-Interviews/190614_vv_gf_rede_krumnack.html (abgerufen am 15.02.22)
Die Chancen, die durch medizinische Rehabilitation für das Land NRW und rehabilitationsbedürftige Patientinnen und Patienten entstehen, müssen bei allen sozial-, gesundheits- und arbeitspolitischen Themen des Landes NRW immer mitgedacht werden. Nur so kann das Potenzial medizinischer Rehabilitation vollständig ausgeschöpft werden. Die Realität der Leistungserbringer und ihrer Verbände zeigt, dass dies aktuell nicht geschieht und die medizinische Rehabilitation meist nur hinterhergedacht wird. Dies zeigen auch die Anhörungen und Diskussionen im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landtags NRW, in denen die medizinische Rehabilitation nicht regelmäßig mitbehandelt wird. Da die medizinische Rehabilitation sowohl ein bewährtes Instrument der Arbeitspolitik als auch der Gesundheitspolitik ist, ist gerade dieser Ausschuss prädestiniert, um regelmäßig über Anliegen der medizinischen Rehabilitation zu diskutieren.
Forderung
Konsequente Berücksichtigung der medizinischen Rehabilitation bei allen Überlegungen und Entscheidungen der Sozial-, Gesundheits- und Arbeitspolitik unter Beteiligung der relevanten Leistungserbringerverbände.
Die Pandemie hat gezeigt, wie gut es ist, wenn qualitativ hochwertige Rehakliniken ihre Strukturen für medizinische Krisenzeiten zur Verfügung stellen können. Auch in NRW wurden Rehakliniken zu Ersatzkrankenhäusern ernannt, um Krankenhäuser zu entlasten. Die Rehakliniken haben eigenständig spezialisierte Rehabilitationsangebote für die Rehabilitation von Patientinnen und Patienten mit Corona-Spätfolgen geschaffen. Auch außerhalb der Pandemie übernehmen diese Kliniken eine wichtige gesellschaftliche und wirtschaftliche Funktion für NRW. Sie tragen dazu bei, dass viele Menschen so lange wie möglich erwerbsfähig bleiben und selbstständig zu Hause leben können. Viele Rehakliniken sind zudem ein wichtiger Arbeitgeber im ländlichen Raum. Das Land NRW ist Mitgestellschafter von medizinischen Rehabilitationseinrichtungen und hat dementsprechend auch ein Eigeninteresse, die Relevanz der medizinischen Rehabilitation für NRW zu untersuchen und die Einrichtungen im Sinne einer bestmöglichen Gesundheitsversorgung zu nutzen.
Forderung
Die Relevanz der medizinischen Rehabilitation für die Krankenversorgung in Regel- und Krisenzeiten sowie für die Volkswirtschaft in NRW als bevölkerungsreichstes Land muss ermittelt, daraus Maßnahmen abgeleitet und umgesetzt werden.
„In Deutschland ist die Rehabilitationsmedizin an den medizinischen Universitäten bzw. Fakultäten zahlenmäßig schlecht vertreten, insbesondere, wenn man die Einbindung in die klinische Versorgung betrachtet. So haben nur 6 % der Fakultäten in Deutschland Lehrstühle für Rehabilitationsmedizin mit klinischem Bezug. In den USA sind es 50 % und in Frankreich sogar 95 %. Entsprechend lückenhaft ist die Verankerung der Rehabilitation im Medizinstudium. Dem gegenüber steht die Tatsache, dass alle Ärztinnen und Ärzte in Ihrem Berufsleben fast täglich mit Menschen mit Rehabilitationsbedarfen konfrontiert sind.“(1)
Um Rehaforschung zu betreiben sowie fachlich gute Rehamediziner auszubilden, muss das Land mehr Lehrstühle schaffen und bereits vorhandene finanziell besser fördern. Nur so kann das Land neben seiner Spitzenposition in der Krankenhausversorgung in Deutschland auch eine Spitzenposition in der ganzheitlich orientierten und demografie-adaptierten Rehabilitationsmedizin einnehmen.
Forderung
Die Anzahl der Lehrstühle für Rehabilitationsmedizin an medizinischen Fakultäten muss erhöht und die bereits vorhandenen Lehrstühle müssen finanziell besser ausgestattet werden.
(1) Wissenschaftlich-Medizinische Allianz für Rehabilitation: Universitäre Lehrstühle unter:
https://www.reha-allianz.de/lehrstuhle-fur-rehabilitationsmedizin-an-universitaten/ (abgerufen am 24.01.22)
Es fehlen in Deutschland Fortbildungsveranstaltungen für Themen der medizinischen Rehabilitation.(1) Auch in NRW gibt es aktuell kein Reha-spezifisches Fach-Event, das sich den speziellen Belangen der Bevölkerung des Landes NRW widmet. Die vorgenannten und weiteren Forderungen setzen eine Rehaagenda für das Land NRW voraus. Diese muss initiiert und langfristig weiterentwickelt werden. Als Fixpunkt und Signal für diese Entwicklung im Land NRW sollte ein jährlicher Rehagipfel stattfinden, der durch den Landtag, die Fraktionen oder das Ministerium ins Leben gerufen wird. Nur so ist sichergestellt, dass die Rehaagenda für NRW regelmäßig überprüft, diskutiert und weiterentwickelt wird.
Forderung
Die Weiterentwicklung der medizinischen Rehabilitation in NRW muss durch eine fortlaufende Rehaagenda für NRW sichergestellt und durch einen jährlich stattfindenden Rehagipfel maßgeblich vorangetrieben werden.
(1) Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in Kooperation mit der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation und anderen: Rehainnovativen. Impulse für die Weiterentwicklung der medizinischen Rehabilitation, unter:
http://www.rehainnovativen.de/fileadmin/rehainnovativen/Downloads/Werkstattbericht_RehaInnovativen-12-2020_bf.pd S. 17f. (abgerufen am 03.01.22)
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